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Es ist ein Spiel. Vielmehr, es ist die Forstsetzung eines Spiels. Das Ausloten der Möglichkeit. Jener so zahlreichen Möglichkeiten. Doch so frei sind die Möglichkeiten nicht, denn das Ende ist: unmöglich. Man wird den anderen verwerfen. Er wird sich in einem Außerhalb nicht einordnen lassen. In dem Außerhalb des Treibens. Und schon ist es vorbei. Das Spiel. Wärs möglich? Könnt ich nicht mehr, wie ich wollte? Doch wollen diese Figuren dort tatsächlich? Henriette und Madame Dufour, vollkommen beherrschen sie die Schritte auf diesem Brett. Es gibt ein System. Nicht zufällig rafft Henriette noch einmal straffend das Korsette von maman zusammen. Man zurrt einander fest. Doch die oberflächlich zelebrierte Koketterie offenbart mehr: Hier geht es um die lustvolle Erfahrung von Grenzen. Und um das Bewahren eben dieser. Erst die Kopplung an zeitliche und räumliche Fristen, und das beständige Wissen um die eigene Position, gestalten dieses Hin und Her so reizvoll. Man wappnet sich. Man zurrt einander fest. Im System der klar definierten Grenzen. Die Grenzen sind allgegenwärtig präsent, die Dichotomien vielfältig: Stadt – Land, Frau – Mann, Wirt – Gast, Reinheit – Schmutz etc. Doch ruft diese konsequente Trennung das Verlangen am Anderen nur umso stärker hervor; ja wird das Spiel erst durch diese Trennung begründet. Es geht um das Berühren dieser Grenzen, um ihre Wahrnehmung. An diese Wahrnehmung knüpfen sich zwei nur scheinbar gegensätzliche Reaktionen: Lust und Ablehnung. Die Faszination am Anderen, und die gleichzeitige Angst vor ihm, gesteigert bis zum Ekel, liegen in diesem Treiben nah beieinander. Und so sind die Annäherungsversuche von Henri und Henriette viel mehr Ausdruck einer neugierigen Grenzüberschreitung, denn Anzeichen einer tatsächlichen Zusammenkunft. Sie spielen mit dem beständige Hin- und Herschwanken von Faszination und Abneigung, von Bejahung und Verneinung. Im sonnendurchfluteten Szenario des Ufers werden dieCharaktere zu wandelnden Figuren auf dem Spielbrett Renoirs, allesamt VertreterInnen ihrer definierten Zuschreibung. Hell und rein oder dunkel und halbwegs verwegen betteln sie nach einer Erlaubnis, deren Erfüllung doch nicht wichtig ist. Der Regisseur lässt sie jedoch zu einer Melodie tanzen, die wahre Dissonanz nicht vorsieht. Die oberflächliche Aufregung um den Anderen, ist nur scheinbar eine Störung innerhalb der Abläufe. Betrachtet man die Figuren genauer, betrachtet man das Spiel genauer, wird offensichtlich, dass das letzte Interesse doch dem Selbst, der eigenen Person, und nicht dem Anderen gilt. Denn so reizvoll die Begegnung mit dem anderen ist, so schnell kehrt sich die Lust in Unlust, in Angst, in Desinteresse um. Fast als würde Madame Dufour im Moment des Korsettstraffens nicht mehr die Augen der Männer, ihre Gesellschaft genießen – welche sich merkwürdig schnell von ihr abwenden – sondern ganz sich selbst genügt: Ihr Körper wiegt sich, ihre Arme greifen nach dem weichen Dekolleté. Ist diese Lust denn an den Anderen gekoppelt? So stellt die Verwerfung des Anderen, die Abkehr am Ende, nur den logischen, den wahrscheinlichsten Ton dieser Melodie dar. Erst diese Melodie kann die Distanz zum Land, zur Stadt, das Verharren in der eigenen Rolle, zum einzig erlaubten Glück erklären. Sie beendet das Spiel, wie es gedacht ist: Als das neugierige Erfahren der Grenzen, einhergehend mit ihrer gleichzeitigen Hinnahme. Dieses Geschehen folgt letztlich nicht dem Versuch einer bewussten Grenzüberwindung, sondern der bewussten Manifestation des Bestehenden. Es ist interessant, um doch auf einen formalen Aspekt hinzuweisen, wie die Figuren im Aufeinandertreffen auch immer wieder einer räumlichen Trennung unterliegen: Der ständige Wechsel zwischen Vorder- und Hintergrund, mal besetzt durch die zurrenden Frauen, mal durch die davonschreitenden Männer – scheint auch visuell immer wieder auf das finale Auseinandergleiten zu verweisen. Das Springen zwischen den Einstellungsgrößen; das tatsächliche Nähern, beschreibt hierbei den Moment der Grenzüberschreitung, der Lust, den es in der Totale gilt wieder rückgängig zu machen. In Minute 24 ist das Spiel noch nicht vorbei. Aber eine Ahnung vom Ende, von der selbst gewählten Unmöglichkeit der Möglichkeiten, ist sicherlich zu erkennen. Und möglich
wär´s, dass Renoir es ebenso so wollte. (Filmausschnitt: "Body Rice" von Hugo Vieira da Silva) |