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„Ich schreib’s dir auf“ wird am Anfang dieser Minute gebrüllt. Dies ist hiermit geschehen. Henriette ist hier die Henriette auf der Schaukel. Unbeirrbar schaukelt sie die ganze Minute hindurch, auf und ab, aus dem Bild hinaus und hinein. Der Kamera muss beim Filmen eigentlich schwindelig geworden sein. Die ganze lange Minute hindurch, in Nahaufnahmen, in Totalen, in Einstellungen, die sich komplett einmal um sie herum bewegen. Keine Aussicht auf sie soll verpasst werden. Und das Auf und Ab und der Schwung, das Schaukeln, die Freiheit, die Freude, die Verzückung werden durch die Kamerasprünge verstärkt. Sie schaukelt und schaukelt. In acht von dreizehn Einstellungen ist dies zu sehen. In den übrigen Einstellungen ist Folgendes zu beobachten: Die Großmutter 1. Einstellung: Es wird ihr etwas ins Ohr geschrien. Sie versteht nicht. Denkt mit offenem Mund darüber nach. Sie denkt: „Ach, na gut.“ Dann schließt sie ihren Mund, presst ihre Lippen wie ein trotziges Kind zusammen und geht rechts nach vorne aus dem Bild ab. Sie wackelt dabei ganz lustig. 3. Einstellung: Sie wird von der Kamerafahrt eingeholt. Ganz klein ist sie im Hintergrund zu sehen, von hinten. Und man erkennt sie trotzdem an ihrem weiten, langen schwarzen Gewand und ihrem eigenartigen Haarschmuck. Und man erkennt sie auch an ihrem Gang. Wackeln tut sie hier nicht mehr. Eigentlich geht sie ganz zielstrebig und auch gar nicht so langsam über die Wiese. Aber ein kleiner, leiser O-Ton, der an dieser Stelle tapps, tapps, tapps machte, würde wohl nicht wahrgenommen werden - weil er so treffend passte. Die Lausbuben 8. Einstellung: Jungs hinter einer Mauer, vier Stück. Ein Junge links am Bildrand halb angeschnitten, ein kleiner Junge der über die Mauer drüberlugt, in der Mitte des Bildes ein regelrechter Lausbub. Beide Arme verschränkt, aufgestützt auf der Mauer, lugt er sozusagen hinter seinen Armen hervor. Rechts am Bildrand ein vierter Junge. Er schaut erst den Anführer der Truppe, den Lausbub, an. Dann auch nach vorne. Dann wiederum schaut der Lausbub nach rechts zu seinem Kumpel, stößt ihn mit seinem Ellenbogen kurz an, grinst, dreht sich zurück und schaut wieder lächelnd nach vorne (wir wissen: vorne, da ist die Henriette auf der Schaukel). Versinkt wieder in der Kuhle hinter seinen Armen, stützt sein Kinn auf und lugt. Und lugt und grinst und lugt. Vier kleine Jungs, die an diesem Abend wohl alle furchtbar glücklich ins Bett gehen werden. Die Geistlichen 3. Einstellung: Die Kamera schweift weiter nach links über die Landschaft, zwei Männer tauchen auf. 4. Einstellung: Die Kamera findet diese wohl interessant, denn sie folgt ihnen wieder zurück nach rechts in einer nahen Einstellung. Es sind nun vier Männer zu sehen. Es ist zu erkennen: ein Priesterkragen. Also vier Geistliche. Zwei jüngere vornweg (wohl noch in der Ausbildung) und zwei etwas Gesetztere hinterher. Einer von den älteren hält ein aufgeschlagenes Buch in den Händen. Der junger Priester am Kopf der Gruppe blickt auf und bemerkt etwas (und wir wissen: vorne seitlich, da ist die Henriette auf der Schaukel). Er stoppt seinen Nachbarn mit einem Handauflegen auf seinen Arm und schaut dabei weiter auf die sich ihm darbietende Szene. Die beiden bleiben stehen, auch der andere schaut nun. Die Kamera bewegt sich weiter nach rechts und so rutschen die beiden immer mehr in die Mitte des Bildes. Der ältere mit dem Buch, der liest weiter. 6. Einstellung: Der ältere mit dem Buch der schaut jetzt auch. Und der zweite ältere, der Mentor der beiden jüngeren, stupst gleich den jungen Anstifter an, dass er jetzt mal weitergehen soll. Dieser wendet seinen Blick ab, senkt beschämt sein Haupt und geht weiter. Der mit dem Buch schaut neugierig weiter und streckt dabei seinen Kopf vor, um auch nichts mehr zu verpassen. Der Mentor selber wendet seinen Kopf nicht, schielt aber fast diebisch zur Seite und fächert sich mit seinem Hut in der Hand frische Luft zu. Die Gruppe geht auf diese Weise rechts aus dem Bild hinaus. Das Wirtshaus-Mädel 10. Einstellung: Fenster vom Wirtshaus von außen, Blick ins Haus. Das Mädel, die Kellnerin, kommt von hinten links ins Bild und bringt Essen. Bildaufbau: Ein Dreieck. Henri sitzt und raucht. Rudolphe lehnt über dem Fenstersims. Das Mädel deckt den Tisch. Erst die Teller, dann das Besteck, dann die Gläser, dann zeigt sie Henri das Etikett der Weinflasche. Währenddessen würdigt Rudolphe das Mädel keines Blickes. Henri erklärt die Situation, dass Rodolphe von draußen abgelenkt sei. Doch schaut sie kein einziges Mal auch nur flüchtig aus dem Fenster. Sie freut sich über das Gespräch mit Henri, lächelt. Es hat den Anschein als würden die beiden ganz leicht flirten. Am Ende streichelt Henri ihr über die Wange. 12. Einstellung: Fenster: Die Kellnerin lächelt noch einmal, als sie den gedeckten Tisch kurz betrachtet (oder ist das ein Lächeln über Rodolphe, der in der Zwischenzeit die Erfindung der Schaukel gelobt hat?). Sie geht wieder links aus dem Bild. Immer noch hatte sie kein Interesse daran, was da draußen eigentlich los ist. Und Henriette bekommt von all dem gar nichts mit (ganz im Gegensatz zu ihrer Mutter). Sie genießt ihre Erfahrung in der Natur. Ihre Freiheit. Sie schaukelt und freut sich. Schließt die Augen, schaut in den Himmel, öffnet den Mund beim Aufwärtsfliegen, beißt sich angestrengt auf die Lippen beim Schwungholen fürs Zurückfliegen. Sie verliert ihren Hut, bemerkt es entweder nicht oder ignoriert es. Sie lacht und freut sich. Sie fühlt sich frei und unbeobachtet, sie ist vital und lebendig und genießt genau dieses. Anhang: Schaukeleinstellungen1. Einstellung: Henriette (und natürlich auch immer ihre Mutter, im Sitzen) schaukelt stehend. Die Personen links und rechts im Vordergrund der Szene entfernen sich gleichzeitig, geben den Blick auf die Schaukeln in der Mitte frei, als würde ein Vorhang aufgezogen. Während dies passiert, ist Henriette gerade außerhalb des Bildes. Erst als der Vorhang fast aufgezogen ist, schaukelt sie wieder von rechts in das Bild hinein und befindet sich gerade in der Mitte, als das Bild auf die Schaukeln komplett freigegeben wird. 2. Einstellung: Nahaufnahme Henriette: Ihre Brust ist zu sehen, sie hält beide Arme nach oben und hält sich an den Seilen der Schaukel fest. Sie schaut nach vorne, aber nicht in die Kamera. Sie schließt die Augen und kuckt nach oben. Sie macht dabei den Mund auf. Beim Zurückschaukeln beißt sie sich kurz auf die Lippen. Die Kamera folgt ihrem Schwung nach vorne, aber nicht nach oben. So bekommen wir eine Untersicht zu sehen, von den Schenkeln aufwärts. 3. Einstellung: Die Schaukel ist nun im Profil zu sehen. Henriette schwingt nach vorne, vom linken Bildrand zum rechten und hinaus. 5. Einstellung: Eine Totale auf die Schaukel in der Schräge ist zu sehen. 7. Einstellung: Henriette in Nahaufnahme von vorne, ganz leicht von links vorne. Schaukelt vor und zurück. Verliert dabei ihren Hut. Reagiert nicht darauf. Lächelt unentwegt. 9. Einstellung: Nahaufnahme Henriette, ganz von vorne. Ähnliche Einstellung wie ganz am Anfang, aber diesmal schwingt die Kamera mit und man hat immer den gleichen Ausschnitt von Henriette. Der Hintergrund ändert sich natürlich dabei. Sie lacht. 11. Einstellung: Von vorne links Blick auf Schaukel, zwischen Totale und Halbtotale. Henriette links, Mutter rechts. 13. Einstellung: Gleicher Blick auf die Schaukeln wie in Einstellung 11.
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