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Minute 01
Präsentation der ersten Minute des Filmes „Eine Landpartie“ (Jean Renoir)


Adriana Fraj Roneu

Die erste Minute von Une Partie de Campagne enthält in Reihenfolge die Text-Credits zu Beginn des anfangenden Films. Die künstlerische Umsetzung wird von der einfachen Idee genährt, welche Fotographie, Typographie und Musik zu den Hauptakteuren der Sequenz erhebt. 

Schaut man sich zunächst die fotografische Bearbeitung an, scheint ihr eine gewisse Reduktion innezuwohnen. Den Hintergrund bildet ein Fluss, in welchem die Bäume in ihren unterschiedlichen Farbtönen reflektiert werden; der Strom des Flusses schafft Bewegung im Bild. Durch die Bewegung kommt eine optische Täuschung zustande, da der Zuschauer die Empfindung hat, dass die Kamera dem Lauf des Flusses folgt; doch letztlich bewegt sich nur das Wasser, die Kamera bleibt vollends in der fixen Kontrolle von Henri Cartier.

Schaut man sich dann die Typografie an, welche für die Credits verwendet wurde, erkennt man die standardisierte Norm DIN 16518-Atypl: Als Typen werden erstens, bekannt aus der Fotosetzgerättradition,„Römisch“ und zweitens, als Font verwendet, „Alte“ genutzt.

Unter vollständiger Namensnennung erscheinen die am Film beteiligten Personen, wobei der Name jeweils in Versalien und die Verantwortlichkeit bzw. Rolle in Minuskeln aufgeführt ist. Es findet eine grafische Überlagerung der unterschiedlich involvierten Personen statt.

Auf die kreative Beziehung zwischen Fotografie und Text wird scheinbar viel Wert gelegt; die Wahl von Schriftfarbe, schwarz, stellt hierbei den Schlüssel dar, da sie in gut lesbaren Kontrast zur Landschaft mit ihrem hellen Tageslicht steht.

Die Musik, der Verantwortlichkeit der Komponisten Joseph Kosmas und Germaine Montero obliegend, beginnt mit einer glatte Anfangsmelodie, deren Ton synchron zur Namensnennung des Produzenten (Pierre Braunberger), des Regisseurs (Jean Renoir) und des Titels (Une Partie de Campagne) aufsteigend arrangiert ist.

Die kreative Grundregel der Text-Credits, unter Hinsicht ihrer audio-visuellen Integration, findet eine Verbindung in Sichtbarmachung, dem Fotosetzgerät und dem Ton der Natur – gleichsam eine Verschmelzung von Codes und Sprache, die zum Ziel hat, ein Argument / Thema zu etablieren: Einerseits wird man über die Mitwirkenden des Films informiert, andererseits enthält diese Darstellungsweise einen argumentativen, einen überzeugenden Charakter – sie bilden eine Einheit, die sich aus Logik (logos), Ethik (ethos) und Gefühl (pathos) zusammensetzt. Auf narrativer Ebene kondensieren sie die Einleitung zum Plot des Films – die eingeführte Landschaft und die Musik transportieren Gefühle, die sich auf das Thema des Films, Ruhe, Idealismus oder Frieden,  beziehen, die mit dem lateinischen  literarischen Thema „beatus ille“ (vereintes Glück, Trennung von weltlichen Geräuschen) zusammenhängen.

Der plötzliche Anstieg in der Tonlage des Stücks kann als Vorzeichen eines drastischen, tragischen, kritischen oder sogar ironischen Ergebnisses gedeutet werden (besonders  wenn der Name von Guy de Maupassant erscheint, Autor der Vorlage des Films).

Anmerkung: Guy de Maupassant war ein Autor, welcher als Lieblingsthemen die Landwirte der Normandie bzw. das Kleinbürgertum hatte; es waren meist Schilderungen über lustvolle Abenteuer und die Sinnestäuschungen von Verrücktheit.




Adriana Fraj Roneu war im Sommer 2007 als Erasmus-Austauschstudentin an der Universität der Künste.